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Feierabend Oper_Theater
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Konzertkritik: Bruce Springsteen & E-Street Band in Düsseldorf

29. Juni 2023
von Tim Wetzer

Mittwochabend, kurz vor 19:00 Uhr. Ich stehe eingeengt zwischen 43.000 Menschen. Für diese Zusammenkunft gibt es einen besonderen Grund: „The Boss“, Bruce Springsteen spielt sein erstes Deutschlandkonzert seit 2016. Mit nach Düsseldorf bringt der 73-jährige Rockmusiker die sagenumwobene E-Street-Band. Rund 3 Stunden lang sollte Springsteen das Publikum in die Welt seiner Texte entführen.

Konzert pur, ganz ohne Schnick-Schnack

Bereits mittags tummelten sich die Fans mit Konzertshirts in der Düsseldorfer Altstadt. Darauf zu sehen das ikonische Cover seines Albums „Born in the USA“. Überall habe ich Gespräche über das Konzert vernommen: Welche Songs wird er wohl spielen? Wo kann man ein Autogramm abfangen? Und: hat es der Boss nach all den Jahren noch drauf?
Als abends die Sonne langsam am Horizont steht, leuchtet der wolkenlose orange-blaue Himmel durch das offene Stadiondach. Im Publikum: Leute, die Springsteen schon seit Jahrzehnten verfolgen; Kinder auf Ihrem ersten Rockkonzert und junge Erwachsenen meines Alters. Ohne Vorband, Intro und sonstigem Schnick-Schnack kommen die Musiker:innen dann auf die Bühne. Ein raunen geht durch die Menge.

Bruce, der nette Superstar von nebenan

Bereits beim Einlass habe ich die Instrumente auf der Bühne beobachtet. Nach fast anderthalb Jahren Wartezeit wird das Konzert für mich endlich greifbar. Als letztes erscheint Bruce. Die lauten rufe nimmt der Musiker mit einem charismatischem Nicken wahr. Mit schwarzem Hemd und Jeans bekleidet, zieht Springsteen seine ikonische Telecaster vom Rücken hervor.
Mit einem gepressten „One-Two-Three-Four“ beginnt das Konzert ohne große Ansagen. Hier stehen die Musik und Emotionen im Fokus. Dennoch wirkt Springsteen mit dem Publikum sehr verbunden und nahbar, zwinkert Leuten zu und verschenkt Gitarrenplektren.

Wort für Wort singe ich jeden Song mit und bin überrascht, wie einnehmend Springsteen und Band auf der Bühne klingen. Authentisch, bodenständig und mitreißend. Zu keinem Zeitpunkt wirkt es schief, dass ein 73-jähriger Musiker über die jugendlichen Ängste und Wünsche singt. Er gibt den Menschen Geborgenheit und das Publikum gibt Springsteen sichtlich die Erfüllung zurück, der er seit über einem halben Jahrhundert nachgeht.

Am Ende steht der Boss allein auf der Bühne

Das Konzert schafft es stetig zwischen schweißtreibendem Stadionrock, gefühlvollen Texten und der nötigen Verträumtheit zu schweben. Für mich ist die Show eine emotionale Achterbahnfahrt im besten Sinne. Auf das düstere „The River“ folgen jüngere aufbauende Songs wie „The Rising“. Und das schönste ist, dass Springsteen das ebenfalls zeigt. Immer wieder schließt er die Augen und lächelt, schaut ins Publikum und zu seiner Band, die ihn mehr als sein halbes Leben lang begleitet.

Zum Abschluss gehen alle Musiker:innen von der Bühne, Springsteen als Kapitän verlässt zuletzt sein Schiff und gibt allen eine Umarmung und dankbare Worte. Mit seiner Akustikgitarre spielt er zum Schluss „I‘ll See You in My Dreams“. Ob dies ein Zeichen für seinen Abschied ist? Wenn es so wäre, geht Springsteen defintiv in absoluter Topform!

 

Bild: CT das radio