Musik | Hörtest

Hörtests des Jahres 2017 – Woche 3

10. Dezember 2017
von Musikredaktion

Modest – Pretty Sure It’s Honest

Dass der Bekanntheitsgrad einer Band nicht immer im direkten Zusammenhang mit der Qualität derer Musik stehen muss, haben Modest in 2017 eindrucksvoll bewiesen. Mit knapp 850 Facebook-Likes und einer 4 Track-EP als einzigem Release fliegen die vier Åarhuser Jungs noch gewaltig unter dem Radar. Legt man das besagte Debüt Pretty Sure It’s Honest ein, merkt man davon aber kaum etwas. Eine leicht melancholische und düstere Stimmung macht sich breit; die melodiösen Gitarrenriffs und die tiefe Stimme von Sänger Julius Lykke machen es einem schwer, nicht sofort Parallelen zum 90er-Jahre-Wave-Rock á la The Cure zu ziehen. Thematisch werden die jungen Dänen dabei ihrem EP-Titel gerecht: ehrliche Texte über das Alleinsein, Selbstzweifel und die Liebe. „When the pride will take me out, all I am is worthless / pretty sure it’s honest“. Wenn auch ein kleines, dafür ein umso feineres Release des Jahres 2017.

Robert Frambach

 

Bilderbuch – Magic Life

Hot, hotter, Bilderbuch. Noch nie war Musik unabsichtlich so erotisch und noch nie klang die deutsche Sprache so sexy, wie aus dem Mund von Frontmann Maurice. Nach dem Mega-Durchbruch mit dem Album Schick Schock war – nicht nur bei mir – die Messlatte für den Nachfolger ganz schön hoch. Und die Erwartungen wurden in keinem Fall erfüllt, was Magic Life nur noch grandioser macht. Songs ohne Schlagzeug und Bass (Sweetlove), Auto-Tune bis die Boxen resignieren (Magic Life) oder ungeahnte Gospeleinlagen (Sneakers4free) – Magic Life ist ein Album, dass so unerwartbar ist und trotzdem nur so vor Hits strotzt. Themen, die nur auf den ersten Blick oberflächlich wirken („Hab‘ keine Power für mein‘n Akku“) in einem bunten Genregemisch aus Trap, Gospel und Reggae, visualisiert mit Musikvideos, trashy wie ein All-over-Jeans-Outfit.

Samira Hrach

 

Turnover – Good Nature

Im August dieses Jahres veröffentlichten Turnover mit Good Nature ihr drittes Studioalbum. Der Albumtitel sowie das Cover geben bereits von Anfang an den Ton an – sommerlich leichter Dreampop, der die Herzen durch harmonische Gitarrenmelodien und die sanfte Stimme von Frontmann Austin Getz höher schlagen lässt. Mit ihrer ersten Singelauskopplung Super Natural landeten die Jungs aus Virginia von Beginn an auf Dauerschleifen. Good Nature ist ein Album zum Glücklich-Sein, denn ohne viele Schnörkeleien passt es in jede Situation und animiert zum freudigen Mitwippen. Durch seine verträumt-verwaschene Art passt das Album aber auch perfekt in kalte Wintertage und gibt diversem Schneetreiben auf der Autobahn einen positiven Touch, wie ich aus eigener Erfahrung berichten kann. Good Nature ist eines der Alben, die man sich einmal als Spotify-offline-Playlist herunterlädt und nie wieder löschen möchte.

René Kettermann

 

Feist – Pleasure

Leslie Feist hätte 2007 wohl selber nicht damit gerechnet, dass das Singen einer simplen Zahlenreihe reichen würde, um in jedem H&M auf dem Globus gespielt zu werden. Aller One-Hit-Wonder-Stigmatisierung zum Trotz, veröffentlicht Feist seit Jahren konstant gute Musik. Pleasure manifestiert diese Erkenntnis und dürfte sogar ihr stärkstes Album sein. Die Kanadierin überzeugt mit tollem Songwriting, starken Texten und einer Intimität, die ihre eigene Faszination ausstrahlt. Sobald diese Platte abgespielt wird, musiziert Feist mitsamt Band nicht nur vor dem eigenen geistigen Auge, sondern auch original im selben Raum. Hinzu kommt eine lückenlose Palette an Hits, von denen Century (mit dem großartigen Jarvis Cocker) und Pleasure noch herausstechen. Pleasure gehört zu den besten Singer-Songwriter-Alben 2017 und zeigt: Feist nur auf 1234 zu reduzieren, ist auch zehn Jahre später ungerechtfertigt.

Pierre Rosinsky

 

Maya Jane Coles – Take Flight

Nur weil ein Album lang ist, muss es noch längst nicht langweilig sein. Zugegebenermaßen sind zwei Stunden schon eine Hausnummer, aber bei Maya Jane Coles kommen nicht nur Fans von Trip-Hop und Deep House voll auf ihre Kosten. Ihr Album Take Flight kanalisiert daneben auch noch Progressive House und Popelemente zu einem fast 2-stündigen Meisterwerk ohne Längen. Mal ist die Stimmung entspannter (Take Flight, Starlight, Unholy, Old Jam), mal besonders düster (Weak, Let You Go), dann wieder treibender (Chasing Sunshine, Stay, Go On And Make It Through) – oft aber etwas von allem, denn Maya Jane Coles mischt und kombiniert die verschiedenen Elemente immer wieder neu. So ist Take Flight auf keinen Stil festzulegen und ein Album, das gleichermaßen zum Entspannen, Tanzen und Träumen taugt.

Benedict Weskott

 

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