Musik | Hörtest

Godspeed You! Black Emperor – G_d’s Pee AT STATE’S END!

26. April 2021
von Moritz Morsch

Das Ende ist (mal wieder) nah!

Es gibt viele Dinge, die man in zwölf Tagen schaffen kann, wenn es sein muss: Bachelorarbeiten schreiben, nach einer misslungenen Prüfung in ein neues Land ziehen, ein dystopisches Post Rock-Album aufnehmen… Godspeed You! Black Emperor haben sich für letzteres entschieden. Viel Zeit haben nämlich auch sie nicht, denn: Das Ende ist nah! Das verkünden sie zumindest auf ihrem neuen Album G_d’s Pee AT STATE‘S END!.

Einige werden sich bestimmt fragen, wie so ein Weltuntergang aus dem Hause Godspeed You! Black Emperor aussieht. Die Antwort findet sich gleich im ersten Titel des Albums, A Military Alphabet (den gesamten Titelnamen spare ich mir aus Platzgründen hier). In diesem wechseln sich Drone-Passagen, verzerrte Violinen, Noise und Found Footage-Elemente ab. Hinzu kommt noch der Einsatz von Field Recordings, die so häufig genutzt werden, wie seit dem ersten Album F# A# Infinity nicht mehr. Unterbrochen wird das immer wieder durch ruhigere Momente. Dabei lassen sich Godspeed You! Black Emperor Zeit, um Themen und Rhythmen zu entdecken und mit ihnen zu experimentieren. Was dabei herauskommt ist ein über zwanzig Minuten gehendes Lied, das zwar in einzelne Kapitel unterteilt ist, die jedoch zu einem großen Ganzen verschwimmen.

Das daran anschließende Fire At Static Valley ist ein vergleichsweise kurzer Song, der erst einmal eine Atempause verspricht, es letztendlich dank seiner verstörend klingenden Ambientsounds aber schafft, dass die aufgebaute Spannung nicht verloren geht.

Track Nummer drei, Government Came, ist tatsächlich in der ersten Hälfte recht enttäuschend und wirkt wie ein zweiter Aufguss des Openers. In den zweiten 10 Minuten entwickelt das Lied sich aber zu etwas Großem, was sich ohne Probleme mit allem auf dem Godspeed You! Black Emperor-Überalbum Lift Yr. Skinny Fists Like Antennas To Heaven! messen kann.

Wenn ein Album schon das Ende der Welt behandelt, muss man sich natürlich die Frage stellen, wie dieses Ende denn dann tatsächlich aussieht. Die Antwort fällt im Closer Our Side Has To Win (For D. H.) dann sehr überraschend aus. Denn es erwartet einen ein sechseinhalbminütiges fast schon klassisch anmutendes Streicherarrangement, das gerade genug verfremdet wurde, um zwar an den Rest des Albums anzuschließen, ohne etwas von seiner Ruhe zu verlieren. Thematisch stimmt es einen versöhnlich. Es ist überstanden, die Vergangenheit liegt hinter uns. Die Welt ist wieder zur Ruhe gekommen.

So sieht er also aus, der Zusammenbruch der Zivilisation à la Godspeed You! Black Emperor. Und auch wenn es nicht ihr erster Weltuntergang ist (siehe allein ‘Allelujah! Don’t Bend! Ascend! aus dem Jahr 2012), ist es doch eine Erfahrung Wert und kann nur wärmstens empfohlen werden.

Bild: Godspeed You! Black Emperor / Constellation