Musik | Hörtest

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Glass Animals – Dreamland

24. Februar 2023
von Linda Lorenz

Bei manchen klingelt vielleicht schon durch den Namen der Band Glass Animals etwas – bei anderen wohl spätestens beim Titel der Single des Albums Dreamland. Den Song Heat Waves kennt wohl jede Person, die in den letzten Jahren Radio gehört hat oder auf Social Media unterwegs war. Dabei ist auch der Rest des Albums absolut hörenswert. Glass Animals schaffen es, Songs mit persönlichen und vulnerablen Themen zu erschaffen und das mit einem besonderen musikalischen Sound.

Bei Dreamland handelt es sich bereits um das dritte Album der Band. Wie in den ersten beiden Alben kreieren Glass Animals einen ganz eigenen Sound, der schwer in Worte zu fassen ist. Es könnte als Indie-Rock beschrieben werden, hat aber auch viele Pop-Elemente. Die ganzen Soundeffekte bringen nochmal eine neue Ebene in die Songs. Besonders im aktuellen Album klingen viele Songs sehr verträumt und schon fast ein wenig psychedelisch. Es ist das Album, mit dem die Band ihren bislang größten Hit erzielte. Das wurde auch mit der Goldenen Schallplatte in den USA ausgezeichnet.

Der erste und gleichzeitig titelgebende Song Dreamland spiegelt direkt den Vibe des Albums wieder – eine verträumte Melodie. Es lädt die Hörer:innen direkt in das Traumland ein: „Slippin‘ through dreamland like a tourist.“ Hier kommt das erste Mal das Gefühl der Sehnsucht auf. Man lebt nicht tatsächlich den Traum, sondern fühlt sich wie ein Tourist, der die ganzen alten Erinnerungen anschaut, aber nie wieder erleben kann.

Das Album erschien im Jahr 2020 und damit mitten in der Pandemie – obwohl die Songs natürlich schon vorher geschrieben wurden, passt das erstaunlich gut. Besonders den Song It‘s All So Incredibly Loud verbinde ich mit dieser Zeit. Eigentlich ist alles still – und dabei doch so laut. Ständig neue Nachrichten, eine große Unsicherheit – so viel, was damals in unseren Köpfen vor sich ging, während die Welt sich im Lockdown befand. „Oh, I‘m breaking down, whispers would deafen me now. You don‘t make a sound, it‘s all so incredibly loud.“

Beim ersten Hören des Albums hat der Song Tokyo Drifting mich sehr überrascht und ich war mir erst nicht sicher, ob er zum Rest des Albums passt. Das Feature mit dem rappenden Denzel Curry gibt dem Song an Stelle des entspannten, verträumten Gefühls eher ein abenteuerliches. Trotzdem schaffen Glass Animals es, eine Verbindung zu den restlichen Songs zu finden, indem einige Stellen ähnliche instrumentelle Elemente aufweisen. Genauso gibt es natürlich auch in diesem Song die elektronischen Soundeffekte, die für die Band typisch sind.

Das erkennt man auch an dem Song Tangerine. Da werden direkt zu Beginn Soundeffekte benutzt, die klingen, als wären sie aus einem alten Videospiel herausgenommen. Das erzeugt, wie auch an vielen anderen Stellen des Albums, ein Retro-Gefühl, dass inhaltlich zum Song passt. „Hands, knees, please, tangerine, come on back to me“ – in dem Song kommt wieder die Sehnsucht nach alten Zeiten zur Geltung. „I wish I could show you more of yourself, I wish I could make you somebody else“ – in dem Lied geht es darum, dass sich nach etwas gesehnt wird, das nicht mehr existiert. Es geht darum, zu akzeptieren, dass man vielleicht eigentlich nur die idealisierte Vorstellung im eigenen Kopf gut findet und nicht die Tatsachen.

Diese Sehnsucht, Träume und Vorstellungen ziehen sich durch das ganze Album und machen es für mich damit ganz besonders. Glass Animals bleiben eine Band mit einmaligem Sound, den sie auch Live großartig herüberbringen können. Ob noch weitere Alben folgen, davon lässt sich erst mal auch nur träumen – zum Glück gibt es dafür aber ja schon ein Album, das perfekt im Hintergrund laufen kann.

 

Foto: Glass Animals / Polydor / Republic